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Mit Trinkwasser Abwasserkanäle spülen?

Typische Form von Regenwassernutzung

01.04.2012 |

Mit Trinkwasser Abwasserkanäle spülen?

Die Anfänge des Wasserbaus lassen sich bis zum Jahre 4500 vor unserer Zeitrechnung zurückverfolgen. In Ägypten und Mesopotamien wurden Brunnen, Abwasseranlagen und Regenwasserzisternen angelegt. Städtische Strukturen und zunehmender Bewässerungsbedarf verlangten in den ariden Gebieten des Mittelmeerraumes nach Vorratsspeichern, um das stark schwankende Wasserdargebot auszugleichen.

Eindrucksvoll sind die heute noch sichtbaren Rohre für Wasserversorgung, Regenwasserspeicher und Abwasseranlagen im Palast von Knossos. Römische Bauwerke wie Tunnel, Aquädukte und Düker (Unterführungen) zur Überwindung topographischer Hindernisse haben in Europa den Grundstein für die zentralen Versorgungssysteme gelegt. Doch erst im Zeitalter der Industrialisierung wurde in den großen Städten Mitteleuropas wieder an die Wasserver- und -entsorgungstechnik früherer römischer Provinzstädte angeknüpft. Nach dem Untergang des römischen Reiches im 5. Jh. n. Chr. verschwand dessen zentralisierte Infrastruktur für mehr als 1000 Jahre. Im ausgehenden Mittelalter gab es zentrale Wasserversorgungseinrichtungen zunächst wieder in Klöstern, einzelnen Burgen und Schlössern. Ulm als Stadt mit verzweigtem Rohrnetz neuzeitlicher Art war bereits im 16. Jahrhundert eine Ausnahme.

Heutzutage ist die zentrale Wasserver- und -entsorgung Regel und Pflicht zugleich. Sie wird durch den Anschluss- und Benutzungszwang von den Kommunen eingefordert. Dies garantiert Entwässerungssicherheit und Versorgungskomfort mit hoher Qualität gemäß Trinkwasserverordnung bis zu den Verbrauchsstellen im Haus. In letzter Konsequenz verbot diese Regelung aber auch die Nutzung eigener Wasserquellen, wie z. B. Grau- oder Regenwasser. Mittlerweile müssen die Wasserversorgungsunternehmen für Gartenbewässerung, Toilettenspülung und Waschmaschine auf Wunsch der Anschlussnehmer einer Teilbefreiung im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren zustimmen.

Wer das Regenwasser nicht nutzen kann, soll es vor Ort bewirtschaften. Auf keinen Fall darf es mit Schmutzwasser vermischt werden. Dies will das seit 1. März 2010 geltende Wasserhaushaltsgesetz (WHG) für neu gebaute Entwässerungsabschnitte. So erhält durch Versickerung und Verdunstung der kleinräumige Wasserkreislauf in Siedlungsgebieten einen stetig steigenden, nachhaltig wirksamen Anteil. Die Natur, das Mikroklima und unser Wohlbefinden werden davon profitieren. Auch das Wassersparen ist weiterhin - aktuellen Unkenrufen zum Trotz – richtig und im Sinne des Gesetzgebers. WHG § 5, Abs. 1 bringt dies eindeutig zum Ausdruck durch den Hinweis auf allgemeine Sorgfaltspflichten, unter anderem eine grundsätzlich sparsame Verwendung des Wassers. Stimmt aber das Fließverhalten des Abwassers im Kanal nicht mehr, ist es Zeit, den Kanal zu sanieren, z. B. durch Einzug eines Inliners. Dann muss nicht, wie manche Pressemitteilungen uns glauben machen wollen, mit Trinkwasser gespült werden - und das, weil andere angeblich zu viel Trinkwasser sparen!

(Autor und Bildquelle: Klaus W. König)

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